Mietvertrag als Rechnung?

Ein Mieter hat ein Zurückbehaltungsrecht, wenn er keine Rechnung erhält, die alle Angaben nach § 14 UStG enthält und ihm den Vorsteuerabzug ermöglicht.

LG Aachen, Urteil vom 09.03.2016, Aktenzeichen: 8 O 355/15

Sachverhalt: Die Parteien eines Geschäftsraummietvertrages vereinbarten eine Staffelmiete, wonach sich der Mietzins zzgl. 16% Umsatzsteuer ab April 2011 um (200 Euro zzgl. Umsatzsteuer) monatlich erhöhte. Die Mieterin zahlte auch ab April 2011 die alte Miete weiter, weil sie vom Vermieter keine Rechnung über den neuen Mietzins erhalten hatte. Dies teilte sie dem Vermieter erst im Februar 2013 mit und zahlte auch weiterhin nur die ursprüngliche Miete. Der Vermieter kündigte wegen Zahlungsverzugs und klagte auf Räumung sowie Zahlung der rückständigen Mieten. Die Mieterin berief sich unter anderem auf ein Zurückbehaltungsrecht, da ihr keine aktualisierte Rechnung über die neue Miete erteilt worden sei.

Entscheidung: Die Räumungsklage des Vermieters hatte aus mehreren Gründen keinen Erfolg. Auch der Zahlungsanspruch war nur zu einem geringen Teil begründet, da der Mieterin seit der Mitteilung aus Februar 2013, wonach sie eine Rechnung benötige, ein Zurückbehaltungsrecht zustand. Die Mieterin hat einen Anspruch auf eine Dauermietrechnung. Ein Mieter, der die auf die Miete und die Betriebskosten geleistete Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzugs geltend machen will, benötigt hierzu eine Rechnung i.S.d. § 14 UStG. Grundsätzlich kann auch ein Mietvertrag eine solche Rechnung beinhalten. Voraussetzung für die Anerkennung eines Vertrags als Rechnung ist dabei, dass er alle Angaben enthält, die § 14 Abs. 4 UStG fordert. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall. Der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag entsprach schon vor der Staffelmieterhöhung nicht den Vorgaben des § 14 Abs. 4 UStG, da die Steuernummer oder die Umsatzsteueridentifikationsnummer fehlten. Nach der Staffelmieterhöhung entsprach der Vertrag den Vorgaben von § 14 Abs. 4 UStG noch weniger, da auch der korrekte Steuersatz angegeben werden muss. Der Steuersatz betrug zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Staffel aber nicht mehr 16% wie im Mietvertrag ausgewiesen, sondern mittlerweile 19%.

Praxishinweis: Wenn eindeutig feststeht, dass ein Anspruch auf Erteilung einer Rechnung besteht, steht dem Leistungsempfänger (hier also dem Mieter) ein Zurückbehaltungsrecht zu, und zwar in voller Höhe, nicht nur im Hinblick auf den Umsatzsteueranteil (BGH, IBR 2014, 578). Das war hier der Fall, weil der Vermieter zur Umsatzsteuer optiert hatte und die Vermietungsumsätze somit umsatzsteuerpflichtig waren. Ob optiert wurde und ob überhaupt wirksam optiert werden konnte, ist bei einem Mietvertrag jedoch nicht immer ganz klar. Ob der Vermieter zur Umsatzsteuer optieren kann, richtet sich ausschließlich nach Steuerrecht und ist z.B. bei Vermietung an Ärzte oder Banken nicht möglich.
Auch die Frage ob bzw. inwieweit ein Vertrag eine Rechnung darstellt, beurteilt sich alleine nach dem Steuerrecht. Die steuerlichen Anforderungen an eine Rechnung sind für die Praxis der Finanzämter in § 31 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) und in Ziff. 14 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) geregelt. Bei Änderungen des Mietzinses, die sich z.B. aus Staffelmietverträgen ergeben, sollten beide Parteien darauf achten, ob die steuerlichen Vorgaben noch erfüllt sind oder ob vorsorglich eine (neue) Mietdauerrechnung erteilt werden muss.